Kol­lek­tiv­stra­fen zum “Schut­ze” eines Mil­li­ar­därs — der DFB zeigt erneut sein wah­res Gesicht

In den ver­gan­ge­nen Wochen wur­de die Fuß­ball­öf­fent­lich­keit erneut Zeu­ge der Dop­pel­mo­ral und Demo­kra­tie­feind­lich­keit der Ver­tre­ter des soge­nann­ten „moder­nen Fuß­balls“. Ihren Höhe­punkt erreich­te die Absur­di­tät vor­erst am ver­gan­ge­nen Wochenende.

Sich gegen­sei­tig über­tref­fend fabu­lier­ten Diet­mar Hopp, Karl-Heinz Rum­me­nig­ge und der DFB selbst, neben abge­half­ter­ten D‑Prominenten des Fuß­balls über „Wür­de“, „Moral“ und „Respekt“. Die­sel­ben Per­so­nen, die im Fal­le Hopp dar­an arbei­ten, dass der Fuß­ball der Zukunft von hoch­ge­züch­te­ten Retor­ten­ver­ei­nen mit unkri­ti­schem Klatsch­pu­bli­kum beherrscht wird und der unge­be­te­nen Mei­nun­gen ger­ne mit einem Hoch­fre­quenz­ge­rät begeg­net, wel­ches Kör­per­ver­let­zun­gen nach sich zieht. Oder die, im Fall Rum­me­nig­ge, Trai­nings­la­ger in Katar abhal­ten, einem Land, wel­ches Men­schen­rech­te und somit die oben erwähn­ten Wer­te mit Füßen tritt. Ein Land, wel­ches auch auf­grund der DFB-Funk­tio­nä­re die Welt­meis­ter­schaft 2022 aus­tra­gen wird. In Anbe­tracht der nicht auf­ge­klär­ten gekauf­ten WM 2006 ist auch hier davon aus­zu­ge­hen, dass sich die Her­ren das eini­ge teu­re Uhren haben kos­ten lassen.

Die­se mora­lisch alles ande­re als inte­gren Per­so­nen und Struk­tu­ren wol­len uns Fans nun erzäh­len, was Anstand ist und stö­ren sich an der zuge­spitz­ten Wort­wahl, mit der wir unse­re Kri­tik äußern. Nur, wenn es kei­ne Mög­lich­keit gibt, grund­le­gen­de Ver­än­de­run­gen im deut­schen Fuß­ball zu errei­chen, müs­sen wir eben zu dras­ti­sche­ren Maß­nah­men grei­fen. Dass es kei­ne ande­re ziel­füh­ren­de  Mög­lich­keit gibt, haben die von uns geführ­ten Gesprä­che mit den Ver­bän­den gezeigt, die letzt­lich nicht mehr waren als ein gro­ßer Scheindialog.

Die tat­säch­li­che Schan­de der ver­gan­ge­nen Wochen liegt im Ver­hal­ten der Ver­bän­de, allen vor­an des DFB. Zuerst wur­den die öffent­lich­keits­wirk­sam aus­ge­setz­ten Kol­lek­tiv­stra­fen wie­der ein­ge­führt. Wohl­ge­merkt, in einer von einem Fuß­ball­ver­band geschaf­fe­nen Par­al­lel­jus­tiz. Die­se ver­fas­sungs­wid­ri­ge Art der Bestra­fung ist mit unse­rem Ver­ständ­nis von Demo­kra­tie nicht in Ein­klang zu brin­gen. Indem der DFB die­se nun wie­der aus­spricht, offen­bart er nicht nur erneut sein ver­zerr­tes Bild von Rechts­staat­lich­keit, son­dern beweist auch ein­drück­lich, dass er nur solan­ge an Ver­än­de­run­gen und Dia­log inter­es­siert ist, solan­ge sein Geschäft nicht ernst­haft gestört wird. Nicht ein­mal die weni­gen Fan­or­ga­ni­sa­tio­nen, die noch mit dem DFB im Dia­log ste­hen, wur­den über die “neue Linie” des Ver­ban­des infor­miert, geschwei­ge denn, deren Mei­nung ein­ge­holt. Der DFB zeigt wie­der­holt, dass er kein ernst­haf­tes Inter­es­se an einem Dia­log mit Fans ver­folgt. Unter Fritz Kel­ler scheint sich auch hier lei­der nichts zum Posi­ti­ven ver­än­dert zu haben.

Dar­über hin­aus sol­len von nun an zum Woh­le eines Mil­li­ar­därs sämt­li­che „Dis­kri­mi­nie­run­gen“ und „Belei­di­gun­gen“ sank­tio­niert wer­den, bei Wie­der­ho­lun­gen droht ein Spiel­ab­bruch. Eine Selbst­of­fen­ba­rung sei­ner eige­nen Unab­hän­gig­keit lie­fer­te der DFB bereits, in dem er im Vor­feld des Spiel­tags eine Ein­fluss­nah­me von Ver­eins­funk­tio­nä­ren und Abspra­chen zuließ. Der ers­te Spiel­tag mit die­ser Rege­lung hat gezeigt, wor­um es den Ver­ant­wort­li­chen und dem DFB wirk­lich geht, um schlich­te Zen­sur. Anders ist die Unter­bre­chung in Meppen nicht zu erklä­ren. Auch, wenn die Ver­bän­de jetzt wie­der ein Stück weit zurück­ru­dern, zeigt sich klar, in wel­che Rich­tung es gehen soll und wird.

Wir sind nicht gut­gläu­big und waren es auch nie. Und so las­sen wir uns auch dies­mal nicht blen­den. Es geht hier weder um anti­ras­sis­ti­sches Enga­ge­ment, noch um Dis­kri­mi­nie­rung und schon gar nicht um Anstand und Wer­te. In die­sem Fal­le hät­te sich der DFB in der Ver­gan­gen­heit ent­schie­de­ner, auch im eige­nen Dunst­kreis, posi­tio­nie­ren müs­sen. Die­ses geschah, wie zu erwar­ten nicht. Es geht schlicht­weg um die Bekämp­fung unse­rer Fan­kul­tur und unse­rer Wer­te. Die Pro­fi­teu­re des Geschäfts „Fuß­ball“ ver­su­chen mit die­sem schein­bar ver­fäng­li­chen The­ma die Fan­kur­ven zu spal­ten, um letzt­lich die akti­ven Fan­sze­nen zu ent­fer­nen. Denn die­se sind es, die stets den Fin­ger in die Wun­de legen und sich für demo­kra­ti­sche Ver­ei­ne, effek­ti­ve Mit­be­stim­mung im Fuß­ball, für den Erhalt der 50+1 Regel, für bezahl­ba­re Ein­tritts­kar­ten und fan­ge­rech­te Anstoß­zei­ten ein­set­zen und somit letzt­lich für das, was uns Fans die Iden­ti­fi­ka­ti­on mit die­sem Sport noch halb­wegs gelin­gen lässt.

Aber die­ses Enga­ge­ment ist dem DFB und sei­nen Ver­bün­de­ten ein Dorn im Auge, wel­chen es zu bekämp­fen gilt. Die­sen Kampf neh­men wir auch wei­ter­hin ger­ne an, denn wir haben kei­ne ande­re Wahl, als ihn zu füh­ren, wenn wir unse­ren Fuß­ball zumin­dest teil­wei­se noch erhal­ten wol­len. Die­ser Kampf kann pla­ka­tiv, zuge­spitzt und pro­vo­kant geführt wer­den oder tief­grün­dig und dif­fe­ren­ziert – wich­tig ist, dass wir ihn führen!

Denn wir Fans sind die Basis und die See­le des Fuß­balls und wir las­sen uns weder von Kol­lek­tiv­stra­fen, noch von Spiel­un­ter­bre­chun­gen davon abhal­ten, für unse­re Sache einzustehen.

Wir for­dern und erwar­ten daher:

  • Kol­lek­tiv­stra­fen abschaf­fen! Es wird Zeit, dass der DFB sein mit­tel­al­ter­li­ches Rechts­ver­ständ­nis für alle Zeit hin­ter sich lässt und Kol­lek­tiv­stra­fen nicht nur aus­setzt, son­dern sei­ne Rechts- und Ver­fah­rens­ord­nung dies­be­züg­lich ändert und damit das Instru­ment der kol­lek­ti­ven Bestra­fung abschafft. Im glei­chen Zuge erwar­ten wir die sofor­ti­ge Auf­he­bung der gegen Borus­sia Dort­mund aus­ge­spro­che­nen Zuschauerausschlüsse.
  • Die wirk­lich häss­li­chen Gesich­ter des Fuß­balls bekämp­fen! Der Fuß­ball ist kaputt. Wirt­schaft­li­che Inter­es­sen wer­den hofiert, das Sys­tem sorgt dafür, dass rei­che Clubs immer rei­cher wer­den, in den Ver­bän­den steht Kor­rup­ti­on an der Tages­ord­nung und um Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen schert man sich einen Dreck. Nicht erst seit den „Foot­ball Leaks“- Ent­hül­lun­gen ist bekannt, dass Ver­bän­de und Ver­ei­ne sich an die­sen Zustän­den nicht stö­ren — im Gegen­teil, sie för­dern sie sogar. Hier muss end­lich gegen­ge­steu­ert wer­den, soll­te den Her­ren wirk­lich etwas am Fuß­ball liegen!

Wer nur am maxi­ma­len Pro­fit ori­en­tiert ist, Wer­te des­halb nur zu sei­nem (Wettbewerbs-)Vorteil benennt und sich mit jah­re­lan­ger Kri­tik von Fans nicht ehr­lich aus­ein­an­der­setzt, macht sich lächer­lich, wenn er sich als Hüter der Moral insze­niert. Wir Fans wer­den die Pra­xis vom letz­ten Spiel­tag nicht ein­fach so hin­neh­men und im Zwei­fel wei­ter Unter­bre­chun­gen und auch Abbrü­che in Kauf nehmen.

Fick dich DFB! 

 

Fan­sze­nen Deutsch­lands im März 2020